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20. August 2019

Ob Lima und ich Freunde werden?

Ob Lima und ich Freunde werden? Bei meiner Ankunft bezweifelte ich es. Waren die Peruaner im Flugzeug noch diszipliniert, vergaßen sie diese Zurückhaltung angesichts des Gepäckbandes. Sie stellten sich so knapp zum Band, es hatte den Anschein sie wollten darauf springen und so ihr Gepäck einfordern.

Laut, lauter, Lima!

In der Ankunftshalle lauerten unsere Fahrer, ausgerüstet mit Schildern, die sie begeistert in die Höhe hielten. Meinen Chauffeur hatte ich erspäht, die Abholung funktionierte einwandfrei. Ich war hundemüde, wollte nur noch ins Hotel, duschen und ins Bett. Nur hatte ich meine Rechnung ohne die allabendliche Rushhour gemacht. Die Autos quälten sich aneinander vorbei, lautes Hupen gehörte zum Standardprogramm, besonders dann, als sich die zehnspurige Schnellstraße in eine dreispurige verjüngte. So etwas kann dauern. Nicht ewig, aber die eineinhalb Stunden bis zum Hotel im Stadtviertel Miraflores kamen mir wie eine Ewigkeit vor.

Miraflores, ein hübscher Name. Laut Reiseführer ist hier das eigentliche Zentrum der Stadt Lima, die meisten Hotels und Restaurants sind hier angesiedelt, das Meer ist von meinem Hotel aus in nur 10 Gehminuten erreichbar.

Die Altstadt von Lima

Ich will am nächsten Tag natürlich trotzdem ins „richtige“ Zentrum, also in die Altstadt. Kathedrale, Regierungspalast und Rathaus gruppieren sich um die Plaza Mayor. In die Kathedrale darf ich nicht hinein, es findet gerade ein Gottesdienst statt. Ich spaziere einmal um den Platz und biege einfach in eine Gasse ein. Glück gehabt, es ist eine wunderschöne Gasse mit den für Lima typischen Holzbalkonen.

Die Kathedrale in Lima

Die Kathedrale in Lima

Kolonialstile in Lima

Der für Lima typische Kolonialstil

Ich wandere einige Straßenblocks weiter und stehe vor der Markthalle.

Märkten konnte ich noch nie widerstehen.

Ich erwarte mir ein Gewusel und Gewimmel, doch falsch gedacht. Wenige Leute kaufen ein und wenn, dann wird der Kaufvorgang ruhig und ohne Hektik abgewickelt.

Vor meinen Augen wird eine Ziege zerlegt, gleich daneben liegt Käse auf, ein paar Meter weiter werden Oliven angeboten. Ein Stockwerk höher sind die Gemüseverkäufer untergebracht, ich entdecke schwarzen Mais, aus dem das Nationalgetränk chicha morada hergestellt wird. Zusätzlich gibt es eine unendliche Vielfalt an Kartoffeln. Und auch hier oben ist es seltsam still, eine Gelassenheit liegt in der Luft, wie ich sie selten auf Märkten erlebt habe.

Oliven und Käse

Oliven und Käse am Zentralmarkt in Lima

Marktstand

einer von vielen Marktständen

Gemüse

Typisch für Lima: Schwarzer Mais

Zentralmarkt in Lima

Zentralmarkt in Lima

Ich verlasse den Markt und drehe weiter meine Runden durch die Altstadt.

Schließlich lande ich vor der Iglesia San Francisco.

Diese Kirche gehört zu einer Klosteranlage und kann nur mit einer Führung besichtigt werden.

Kirche San Francisco

Die Kirche San Francisco

Da ich für die englischsprachige Führung eine Stunde warten müsste, schließe ich mich kurz entschlossen der spanischsprachigen Führung an. Zwar verstehe ich kaum ein Wort, doch gibt es bei den wichtigsten Sehenswürdigkeiten Infotafeln mit kurzen Erklärungen in Englisch. Fotografieren ist hier streng verboten und so habe ich Zeit mich auf die Sehenswürdigkeiten zu konzentrieren.

Ich bewundere die Holzkuppel aus dem Jahre 1625 ebenso wie die alte Bibliothek mit den zwei herrlichen Wendeltreppen aus dem 17.Jahrhundert. 20.000 Erstausgaben und Kodizes rotten hier vor sich hin. Kein Werk ist hinter Glas ausgestellt, es sieht so aus, als würden die Bücher beim geringsten Lufthauch zerfallen. Den gleichen Eindruck habe ich von den Skeletten in den Katakomben.

Der Untergrund der Kirche diente fast 300 Jahre lang als Friedhof, die Gebeine wurden fein säuberlich sortiert. Irgendwann gerieten die Katakomben in Vergessenheit. Sie wurden erst im 20.Jahrhundert wiederentdeckt. Es ist eigenartig zwischen Oberschenkelknochen und Skelettteilen herumzuspazieren, die Luft ist schlecht, der Boden uneben, selbst den Peruanern vergeht das Lachen.

Die gute Laune kommt wieder, als wir ein Gemälde im Speisesaal des Klosters betrachten. Marcos Zapato, ein Mitglied der Cusco-Schule, hat im Bild „Das letzte Abendmahl“ Jesus mit seinen Jüngern um einen großen Tisch sitzend abgebildet, nur sitzen sie nicht vor Wein und Brot, sondern vor einem gegrillten Meerschweinchen.

Gegrilltes Meerschweinchen

Gegrilltes Meerschweinchen

So eines bekomme ich heute ebenfalls noch vor die Linse. Fotografieren genügt mir, es landet nicht auf meinem Teller. Ein Sandwich in der gemütlichen Bar Cordano ist da schon mehr nach meinem Geschmack. Mittlerweile tummeln sich mehr und mehr Touristen in den Gassen, Straßenverkäuferinnen in typisch peruanischen Trachten bieten Snacks und Cocablätter an. Skeptisch beäuge ich die grünen Blätter, die gegen die Höhenkrankheit helfen sollen.

Restaurant Cordano

Im Restaurant Cordano

Sandwich im Restaurant Cordano

Sandwich im Restaurant Cordano

Straßenverkäuferinnen

Straßenverkäuferinnen in Lima

Noch bin ich in der Nähe des Meeres, zwar liegt die Küstenpromenade mit den Spazierwegen einige Meter über dem Meeresspiegel, doch Cocablätter kauen ist noch nicht notwendig. Ich könnte jetzt eine lange Treppe zum Pazifik hinabsteigen, wo sich dutzende Wellenreiter tummeln.

Doch es ist zu heiß und zu schwül, in Lima hat es an diesem Samstag fast 30 Grad, die Paragleiter liegen mit ihren Schirmen in der Sonne, sie warten auf Wind aus der richtigen Richtung.

Wellenreiten in Lima

Wellenreiten in Lima

Paragleiter

Paragleiter dösen in der Sonne

Die Küste von Lima

Die Küste von Lima

Ich spaziere in mein Hotel zurück, es ist früher Abend. Trotzdem bin ich hungrig, viele Restaurants sind voll, doch ich habe Glück und bekomme einen Platz in einem Fischrestaurant. Fast obligatorisch bestelle ich das Nationalgetränk Pisco sour und stimme mich auf eine zweiwöchige Peru-Rundreise ein.

Ob Lima und ich Freunde werden? Der Anfang ist getan…

Meine Peru-Rundreise wurde von INKATROTTER aus der Welt von TROTTERMUNDO unterstützt. Vielen Dank.

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Am liebsten würde ich als Wolkenbeobachterin in einem Baumhaus leben. Bis zur Decke vollgestopft mit Büchern, versteht sich. Denn die verschlinge ich, seit ich denken kann. Ich bin eine Vielleserin, durch und durch. Irgendwann hab‘ ich selbst mit dem Schreiben angefangen. Weil ich mich erinnern möchte. Weil sich auf Papier gebracht vieles leichter sagen lässt. Weil ich kleinen und großen Dingen mit den richtigen Worten das nötige Gewicht verleihen will. Wie eine Geschichtenerzählerin. Meine Texte packe ich wie Geschenke in Formulierungen ein – und der Leser packt sie aus.

Miriam blitzt - Miriam Mehlman Fotografie