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16. August 2019

Wandern in Marokko – Doch etwas leuchtet in der Stille der Wüste

Es sind drei Sätze, die mir nach dem Wandern in Marokko im Gedächtnis blieben:

1) Hod wer an Staubsauga do? (oberösterreichisch für: Hat wer einen Staubsauger dabei?)
2) Händewaschen!
3) Jalla, jalla! (arabisch für: Auf geht’s!)

Sand ist gnadenlos. Er kriecht in die Ohren, in die Augen, in die Nasenlöcher, in den Mund, kurz gesagt in jede nur erdenkliche Körperöffnung. Er bewohnt die Schuhe, die Hosentaschen, den Rucksack, den Fotoapparat. Er verbirgt sich im Zelt und im Schlafsack und verfolgt einen. Etwa ein halbes Kilo Sand exportierte ich unwissend zwei Monate später nach Äthiopien.

Das Innere meines Koffers war voll mit Sandkörnern. Ich kam nur zufällig auf die Lösung. Der Hohlraum meiner Sandalen hatte sich mit der Sahara verbündet. Wieder und wieder kippte ich die Sandalen um, wieder und wieder rieselte Sand aus einer winzigen Öffnung.

Ist es darum ein Wunder, dass meine Wanderkollegin beim Wüstenwandern in Marokko nach einen Staubsauger rief? Natürlich lachten wir ob der Absurdität des Wunsches. Wir waren in der Wüste, abgeschnitten von jeglicher Zivilisation: kein Strom, kein WLan, kein Sushi. Die nächste Dusche lag Hunderte von Kilometern von uns entfernt, das nächste Bier ebenso.

Wüstenwandern in Marokko

Wo sind die Sanddünen?

Die Wüste in Marokko

Ein vertrocknetes Bachbett in Marokkos Wüste

Unser Wüstencamp

Jeden Tag freuten wir uns auf unser Wüstencamp

Wandern in Marokko – Duschen wird völlig überbewertet

Vor uns lagen also vier ungeduschte Nächte und fünf ungeduschte Tage. „Händewaschen!“ lautete das Motto unseres Guides Abdellah beim Frühstück, beim Mittagessen und beim Abendessen. Das Wasser im Blechkessel wurde extra für uns aufgekocht, Luxus pur in einer ansonsten kargen Welt.

Abdellah war unser Weckerruf am frühen Morgen, unser Kompass während des Tages und unser Geschichtenerzähler am späten Abend. Mit „Yallah, Yallah!“ spornte er uns an, die höchsten Dünen Marokkos zu bezwingen und mit unendlicher Geduld lehrte er uns die Kunst des Turbanbindens. Für uns war er die wichtigste Person vor Ort. Nach ihm kamen bereits die Dromedare, die unser Gepäck, die Zelte und das Wasser transportierten.

Turban in Marokko

Abdellah zeigt mir, wie man einen Turban bindet

Dromedare – die heimlichen Könige der Wüste

Schon mal zugehört, wenn ein Dromedar seinen Unmut kundtut? Es weder bepackt noch aufstehen will? Es klingt wie eine Mischung aus Blöken, Röhren und Knurren, eine Geräuschkulisse, die man nicht so schnell vergisst.

Eines dieser rätselhaften Tiere wurde abkommandiert um unsere Wanderung zu begleiten. Es trug unseren Imbiss in Form von Nüssen, Datteln und Wasser. Zusätzlich wurde sein Sitzkomfort von fuss- und kniemaroden Wanderern in Anspruch genommen. Mucki, so taufte ein Mitwanderer das Wüstenschiff, meisterte seine Aufgabe mit Bravour und ließ sich seine Mühe mit Apfel- und Orangenschalen belohnen.

Eine Pause beim Wüstenwandern

Wo geht es weiter?

Dromedarkarawane

Unsere Dromedarkarawane mit Zelten und Gepäck

Warum Wüstenwandern? Und warum ausgerechnet in Marokko?

Die Wüste hat mich schon in Namibia fasziniert. In einem Heißluftballon schwebte ich über die Dünen in Sossusvlei. Bei einer Living Desert Tour lernte ich die kleinsten Tiere Namibias kennen. Im Oman folgte dann ein weiteres Wüstenabenteuer: Zum ersten Mal stieg ich auf den Rücken eines Dromedars. Es trug mich eine Stunde in die Rub al Chali, wo mir Dromedarführer Sultan einen Kaffee kochte.

Es war die Ruhe, die mich faszinierte. Saint-Exupery legte dem kleinen Prinzen folgende Worte in den Mund:

Ich habe die Wüste immer geliebt

Ich habe die Wüste immer geliebt

Diese Worte konnte ich nachvollziehen. Und die Sehnsucht nach einem längeren Aufenthalt in einer Wüste wurde größer.

Letztes Jahr im Dezember war es dann endlich soweit. In Marokko war ich noch nie, die Kombination Wüstenwandern und Städtetrip nach Marrakesch klang verlockend. Schnell war der einwöchige Aufenthalt gebucht. Erst nach der Buchung kamen mir Zweifel. Würde ich die Tagesetappen überstehen? Würde ich in der Nacht frieren und untertags vor Hitze sterben? Und wie wandert es sich in einer Gruppe?

Wüstenwandern in Marokko

Beim Wandern in Marokko verschwinden die Wanderkollegen im Sandsturm

Schattenspiele in der Wüste

Schattenspiele in der Wüste

Meine Sorgen lösten sich im Sandsturm auf. Ohne Daunenjacke hätte ich die Wandertour nicht geschafft. Ein scharfer Wind ließ mich manchmal nur die Konturen meiner Mitwanderer erkennen. In der Nacht hingegen war es windstill, die Luft im kleinen Zelt wärmte sich schnell auf, mein Schlafsack leistete mir gute Dienste. Die Tagestouren waren anstrengend, aber machbar. Müde, aber zufrieden krochen wir nach den Touren ins Gemeinschaftszelt, teilten unsere Gedanken bei einer Tasse Tee und stärkten uns beim Mittag- und Abendessen. Unser Koch zauberte die leckersten Gerichte für uns. Wir tanzten ums Lagerfeuer, während sich die Dromedare schlafen legten. Wir beobachteten Sonnenuntergänge und Sonnenaufgänge und sahen den Sternschnuppen bei ihren Höhenflügen zu.

Wir liebten die Wüste. Wir saßen auf den Sanddünen. Wir sahen nichts. Wir hörten nichts. Doch wir sahen etwas in der Stille leuchten…

Unser Lagerfeuer in der Wüste

Unser Lagerfeuer in der Wüste

Ein Sonnenaufgang in der Wüste

Ein Sonnenaufgang in der Wüste

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Am liebsten würde ich als Wolkenbeobachterin in einem Baumhaus leben. Bis zur Decke vollgestopft mit Büchern, versteht sich. Denn die verschlinge ich, seit ich denken kann. Ich bin eine Vielleserin, durch und durch. Irgendwann hab‘ ich selbst mit dem Schreiben angefangen. Weil ich mich erinnern möchte. Weil sich auf Papier gebracht vieles leichter sagen lässt. Weil ich kleinen und großen Dingen mit den richtigen Worten das nötige Gewicht verleihen will. Wie eine Geschichtenerzählerin. Meine Texte packe ich wie Geschenke in Formulierungen ein – und der Leser packt sie aus.

Miriam blitzt - Miriam Mehlman Fotografie